새로나온 책

안락사에 대한 가상적 법안

김남시 2009. 8. 22. 15:45

내가 요즘 관심을 가지고 있는 안락사 논쟁과 관련된 책이 또 하나 출판되었다. <죽음보조 - 법안>이라는 저자의 박사학위 논문이다. 얼마전에 정리한 바 있는 스위스의 안락사 보조 연합체 Dignitas가 독일, 영국 등에서 점점 더 많은 사람들이 안락사에 대한 관심을 갖게하고, 그런 안락사를 금지하고 있는 법에 대해 '개인의 자기결정'이라는 자유주의적 원칙으로 문제를 제기하는 일들이 잦아지고 있다.

여기서 문제가 되는 것은 '안락사'에 대한 철학적, 윤리적 논의보다는, 과연 자유 민주주의 국가가 안락사를 법을 통해 금지하는 것이 옳은가, 개인의 자유를, 타인에게 피해를 주지 않으면서도 고통으로부터 스스로를 해방시키려는 환자들의 권리가 휴머니즘적 인권의 차원에서 허용되어야 하지 않는가라는 법적 문제가 중심이 되고있다.     

아래 서평에 의하면 이 책에서 제안하는 이 문제에 대한 국가의 입장은 다음과 같이 요약된다.

곧, 국가는 최대한 개인의 자유와 자기결정의 조건이 개선되도록 노력하여야 한다. 하지만 자신의 삶을 끝내겠다는 것은 돌이킬 수 없는 결정이기에 입법자는 이들을 우선은 삶의 방향으로 나아가도록 해야한다. 하지만 치유불가능한 환자의 경우에는 원한다면 합법적으로 삶을 끝낼수 있는 가능성이 주어져야 한다. 물론 그 이전에 이러한 소망 자체가 생기지 않도록 모든 시도가 이루어져야 한다. 

출처 : http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F468/Doc~EE14D9F940CF04A0B86A1C539F68460B4~ATpl~Ecommon~Scontent.html

 

 

Jörn Lorenz: Sterbehilfe - Ein Gesetzentwurf

Woher die vielen Notare nehmen?

Von Michael Pawlik

 

19. August 2009 Die Sterbehilfedebatte überrascht durch ihre thematische Enge. Unermüdlich werden die längst bekannten Argumente für und wider aktive Sterbehilfe ausgetauscht, obgleich diese lediglich in seltenen Ausnahmesituationen in Betracht kommt. Die im klinischen Alltag ungleich bedeutsamere Konstellation der passiven Sterbehilfe spielt in der öffentlichen Auseinandersetzung hingegen nur eine marginale Rolle. Nach vorsichtigen Schätzungen geht gut einem Drittel aller Sterbefälle in Deutschland die Entscheidung der behandelnden Ärzte voraus, auf lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten. Selbst die schärfsten Gegner aktiver Sterbehilfe haben an dieser Praxis nichts auszusetzen, denn damit werde, so lautet die gängige Beschwichtigungsformel, lediglich der Natur ihr Lauf gelassen. Indessen kann die Natur ihr Werk nur deshalb verrichten, weil die Ärzte beschlossen haben, ihr keinen weiteren Widerstand entgegenzusetzen. Kurz und treffend bemerkt Jörn Lorenz in seiner gedankenreichen Sterbehilfestudie: „Wenn es möglich ist, Leben zu verlängern, dann ist es auch rechtfertigungsbedürftig, warum von dieser Möglichkeit in dem einen Fall Gebrauch gemacht wird und in einem anderen nicht.“ Auch wenn die Natur als solche nicht rechenschaftspflichtig ist, die ärztliche Entscheidung ist es sehr wohl.

 

Sterbehilfefragen, gleichgültig in welcher äußeren Einkleidung sie sich stellen, sind demnach Entscheidungsprobleme. Wie aber sind die Kriterien beschaffen, die es gestatten, zulässige von unzulässigen Sterbehilfeentscheidungen abzugrenzen? Die derzeitige Rechtslage im Bereich von aktiver, passiver und indirekter Sterbehilfe - der Verabreichung von Schmerzmitteln mit der in Kauf genommenen Nebenfolge des vorzeitigen Todeseintritts - sowie der ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung hält Lorenz aus guten Gründen für „so unübersichtlich, dass sie von Ärzten nicht verstanden wird und schon deshalb Rechtsverletzungen zu befürchten sind“. Eine gesetzliche Neuregelung der gesamten Sterbehilfeproblematik sei vor diesem Hintergrund „schon deshalb sinnvoll, um zu Klarheit, Verständlichkeit und damit Rechtssicherheit beizutragen“. Zu diesem Zweck bedient Lorenz sich einer für eine Dissertation höchst ungewöhnlichen Darstellungsform. Er entwirft den Text eines Sterbehilfegesetzes und begründet dessen einzelne Bestimmungen nach Art eines juristischen Kommentars.

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Im Einklang mit der rechtsphilosophischen Orthodoxie bekennt Lorenz sich zu einem prozeduralen Lösungsansatz. „Aus philosophischer Sicht kantischer Tradition wäre eine staatliche Vorgabe von Moralität im Wege einer inhaltlichen Vorbestimmung existentieller medizinischer Entscheidungen per Gesetz fragwürdig.“ Dem staatlichen Gesetzgeber komme lediglich die Aufgabe zu, sich in diesen Fällen um die „Verbesserung der Bedingungen von Selbstbestimmung und Freiheit“ zu bemühen. Da es sich bei der Beendigung des Lebens aber um eine unumkehrbare Entscheidung handele, habe der Gesetzgeber die Weichen zunächst immer in Richtung Leben zu stellen. Schwerkranken wird bei Lorenz demnach zwar „auf Wunsch die Möglichkeit legaler Lebensbeendigung eingeräumt. Zuvor wird jedoch alles getan, damit dieser Wunsch erst gar nicht entsteht.“

 

Sinn für den Kontext

 

Gesetzestechnisch sucht Lorenz diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis dadurch Rechnung zu tragen, dass er die Einwilligung in lebensrettende Maßnahmen „kraft Gesetzes als erteilt“ behandeln will. Eine ärztlich unterstützte Abkehr vom Leben in Gestalt von passiver Sterbehilfe oder eines assistierten Suizids - die gesetzliche Gestattung aktiver Sterbehilfe lehnt Lorenz als zu riskant ab - solle nur zulässig sein, wenn der Patient seine derart fingierte Einwilligung durch eine notariell beurkundete „Qualifizierte Behandlungsanweisung“ widerrufen habe. Dazu wiederum müsse er sich einer umfassenden medizinischen Aufklärung sowie einer gründlichen psychosozialen Beratung unterzogen haben. Dieses anspruchsvolle „Lebensschutzverfahren“ bewahre einerseits den Patienten vor einer vorschnellen Lebenspreisgabe und wirke andererseits ärztlichem Paternalismus entgegen, indem es von einem den Behandlungsabbruch erwägenden Arzt verlange, den Patienten davon zu überzeugen, dass weitere medizinische Maßnahmen sinnlos seien.

 

Zu Recht stellt Lorenz sich dem gegenwärtig vorherrschenden Trend zur Verabsolutierung einer gleichsam kontextfrei gedachten Selbstbestimmung entgegen, dessen bisherigen Kulminationspunkt die neuen gesetzlichen Bestimmungen über Voraussetzungen und Bindungskraft von Patientenverfügungen darstellen. Die Situation eines schwerkranken Menschen ist denkbar weit entfernt von dem Bild eines klug und distanziert über seine Interessen disponierenden homo calculans, dem der Selbstbestimmungsgedanke seine intuitive Plausibilität verdankt. Indessen leitet Lorenz aus seiner zutreffenden Diagnose die falsche Therapie ab. Statt anzuerkennen, dass nicht alle Entscheidungen im Grenzbereich zwischen Leben und Tod sich in das Prokrustesbett der Patientenautonomie pressen lassen, ver-fährt er nach dem Motto: „Mehr von demselben“. Ein Mehr an Aufklärung und ein Mehr an Formen - wo sollten übrigens die Notare herkommen, die es brauchte, um mehrere hunderttausend Qualifizierte Behandlungsanweisungen pro Jahr zu beurkunden? - sollen sicherstellen, dass aus der papiernen Selbstbestimmung reale Autonomie wird. Aber will man einen schwer leidenden, dem Tode nahen Patienten allen Ernstes einem detaillierten Aufklärungsgespräch über die Qualen aussetzen, die ihn erwarten, wenn er den ihm vom Arzt nahegelegten Behandlungsabbruch nicht fordert? Darin einen rechtsmoralischen Fortschritt zu erblicken kann wohl nur einem sich guter Gesundheit erfreuenden Juristen einfallen.

 

Ein kompliziertes Beratungsverfahren

 

Im Übrigen sind es zumeist weniger Informationsdefizite, die schwerkranken Menschen eine abgewogene Entscheidung unmöglich machen, als vielmehr körperliche Leiden. Patienten, bei denen eine, wie es heute heißt, „Änderung des Therapieziels“ in Betracht kommt, sind meistens entweder bewusstlos oder in ihrer Aufnahmefähigkeit doch jedenfalls stark eingeschränkt. Will Lorenz ihnen sogar die Wohltat der passiven Sterbehilfe vorenthalten? So weit geht der Verfasser natürlich nicht. Für solche Fälle sieht er die Bestellung eines Vertreters vor, der dem mutmaßlichen Willen des Kranken zur Geltung verhelfen soll. Unter der autonomiefreundlichen Fassade dieses Begriffs verbirgt sich freilich in den zahlreichen Fällen, in denen es an hinreichend belastbaren Indizien für die höchstpersönlichen Präferenzen des Betroffenen fehlt, eine objektivierende Beurteilung dessen, was für jemanden in seiner Situation am besten wäre. Das von Lorenz erdachte komplizierte Beratungsverfahren erstarrt hier zu einem leeren Ritual, denn ein verantwortungsbewusster Vertreter kann praktisch gar nicht anders, als das abzunicken, was die medizinischen Fachleute ihm empfehlen.

 

In der Sache geht es hier um objektive Lebenswertbeurteilungen. Diese dunklen Ränder unserer Existenz leuchtet das Autonomieparadigma nicht aus. Wie sollte es auch? Die Anerkennung der Abhängigkeit gehört ebenso zur menschlichen Existenz wie das Bestreben, sich ein selbstgestaltetes Glück zu verschaffen. Am Ende ihres Lebens bleibt den meisten Menschen aller rhetorischen Tünche zum Trotz nichts anderes übrig, als auf das Verständnis und die Barmherzigkeit derer zu vertrauen, in deren Hände sie gelegt sind. Was hier am Platz wäre, ist eher eine medizinische Tugendethik, die die Ärzte in der Kunst des rechtzeitigen und einfühlsamen Loslassens übt, als die Intonierung der immer gleichen Selbstbestimmungslitanei. Keiner normativen Theorie tut es auf die Dauer gut, anthropologische Grundkonstanten zu missachten. Weshalb fällt es sogar einem reflektierten und aller Phrasenhaftigkeit abholden Autor wie Lorenz so schwer, dies anzuerkennen?

Jörn Lorenz: „Sterbehilfe - Ein Gesetzentwurf“. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2008. 385 S., br., 94,- €.



Buchtitel: Sterbehilfe - ein Gesetzesentwurf
Buchautor: Lorenz, Jörg